Ein abschließendes Gespräch

11. August 2014 § Ein Kommentar

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Marliesa Komanns: Gestern war der letzte Tag der Quadriennale. Findest du, es war eine gute Zeit? Bist du mit der Quadriennale 2014 zufrieden?

Romina Dümler: Komisch, ja…die Quadriennale ist nun schon zu Ende! Ich muss sagen, ich fand es einerseits eine sehr schöne Zeit. Ich habe es tatsächlich geschafft alle Ausstellungen zu sehen und auch einige Events mitgenommen – und das Berichten hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Andererseits bin ich etwas unschlüssig ob ich das Gesamtkonzept dieser Quadriennale in Düsseldorf als gelungen bewerten soll. Wie geht es dir damit?

MK: Ich fand es an sich sehr gut, die Ausstellungen haben mir sehr gefallen und es gab eine schöne Vielfalt. Letztendlich finde ich es wichtig, dass eine Stadt aktiv ist und solche Aktionen ermöglicht. Das belebt die Stadt und macht sie sicherlich auch für Leute von außerhalb attraktiv.

RD: Naja, das Motto „Über das Morgen hinaus“ war natürlich sehr breit gewählt, damit alle Häuser darunter Platz finden. Das ist ja auch verständlich, da (glücklicherweise!) eine solche Bandbreite an Kunstinstitutionen in der Stadt vorhanden ist. Leider birgt das dann auch immer die Gefahr, etwas beliebig zu werden. Ich las gestern noch einen Artikel in der Rheinischen Post in der selbst der Oberbürgermeister vorsichtig das „Profil“ der Quadriennale in Frage gestellt hat.

MK: Aber Themen für Großausstellungen sind immer recht allgemein gefasst, damit sich eben viele verschiedene Positionen darunter zusammenfinden können…

RD: Das sehe ich natürlich schon ein. Aber anstelle von elf Leitbegriffen, wäre ich gerne Beobachterin gewesen, wie alle Häuser sich auf ihre Art mit z.B. nur mit den Begriffen Licht und Luft auseinandergesetzt hätten. Ich glaube selbst zu diesen beiden hätte man sehr viel machen können. Aber das sind jetzt nur Gedankenspiele und im Großen und Ganzen fand ich ein zukunftsorientiertes Motto doch auch gut.

MK: Ich auch.

RD: Und natürlich gab es auch sehr gute Ausstellungen! Was war denn dein persönlicher Favorit?

MK: Mir hat auf jeden Fall Unter der Erde. Von Kafka bis Kippenberger im K21 am besten gefallen. Das war wirklich grandios und mit so vielen kreativen Ideen verbunden. Auch Kandinsky, Malewitsch, Mondrian – Der weiße Abgrund Unendlichkeit im K20 fand ich sehr gut, sehr klassisch. Aber ich muss sagen, es gab in jeder Ausstellung etwas, das mich begeistert und interessiert hat. Smart New World in der Kunsthalle gehört auch zu meinen Favoriten, aber dafür musste man sich definitiv etwas mehr Zeit nehmen. Der Genuss kam erst über die Nachwirkung.
Und was hat dir am besten gefallen?

RD: Ja, bei Smart New World würde ich dir definitiv zustimmen! Ich fand dies eine Ausstellung mit sehr wichtigen zeitgenössischen Positionen und natürlich einem aktuellen Thema! Aber wirklich zunächst nicht ästhetisch-beglückend 😉 Aber je mehr man sich darauf eingelassen hat, desto wichtiger fand ich die Leistung der Kuratoren. Auch der direkte Nachbar Zum Beispiel…„Les Immatériaux“ fällt bei mir unter diese Kategorie. Außerdem war ich sehr positiv vom Hetjens-Museum überrascht.
Aber ich muss auch sagen, dass mir manche gar nicht gefallen haben. Zwar ist das Thema des Museum Kunstpalast, Alchemie, hochspannend, aber die Umsetzung…naja. Von der Pieneausstellung in der Langen Foundation war ich auch etwas enttäuscht.

MK: Und was ist mit dem zusätzlichen Programm? Sollen wir das nochmal chronologisch durchgehen? Es fing glaube ich mit dem Symposium Vernetzung Über das Morgen hinaus – Neue Chancen für den Ausstellungsbetrieb an.
Das war toll. Es waren so viele interessante und bekannte Leute da und der gemeinsame Austausch war total spannend und schön mitzuerleben. Außerdem konnte man viel über die Möglichkeiten im Internet lernen und gerade hier halte ich eine Zusammenarbeit zwischen den Museen und Städten für sinnvoll.
Aber schon bald darauf wurde ja auch die Ausstellung der Off-Spaces Another Place / Another Space / Together eröffnet. Wie hast du das erlebt?

RD: Ach ja, die Quadriennale wollte auch außerhalb der großen Institutionen mitmischen.
Another Place / Another Space / Together war aber meiner Meinung nach keine gute Ausstellung. Echt Schade. In meinem Bekannten- und Freundeskreis fiel sie auch eher durch.

MK: Ich finde das total lustig, dass wir die Quadriennale oft so gegensätzlich wahrgenommen haben. Mir hat die Ausstellung im ehemaligen toom-Baumarkt total gut gefallen. Ich fand sie sogar große Klasse! Die Künstler sind so unterschiedlich mit den Räumlichkeiten umgegangen und haben sich mal mehr, mal weniger, aber immer wieder sehr individuell mit den Gegebenheiten auseinandergesetzt. Vor allem finde ich es wichtig, dass auch ganz junge Positionen auf der Quadriennale präsentiert wurden. Eine Ergänzung, auf die man, meiner Ansicht nach, nicht verzichten sollte!

RD: Da sind wir wohl wirklich sehr unterschiedlicher Meinung. Mein bleibender Eindruck ist, dass in diesen schwierigen Baumarkträumen alles so verloren gewirkt hat und mir definitiv ein schlüssiges Gesamtkonzept gefehlt hat. Ganz anders beim Videoparcours in der Altstadt! Das war übrigens mein absolutes Highlight! Ein wirklich sehr schöner Abend!

MK: Ja, das dachte ich mir schon. Und auch da unterscheiden wir uns *g*. Zunächst hatte ich mir etwas ganz anderes darunter vorgestellt. Parcours hörte sich irgendwie nach Aufgaben an, dass man die einzelnen Stationen gezielt anlaufen muss, mit einer festen Reihenfolge oder so. Aber es war ja eher so, dass man ganz normal durch die Altstadt bummeln und überall mal vorbeischauen konnte. Die Idee fand ich gut, aber die Umsetzung hat mich nicht überzeugt. Als Versuch fand ich es lohnenswert, aber ich würde so etwas nicht wiederholen.

RD: Vielleicht lag das an den unterschiedlichen Tageszeiten an denen wir dort waren. Du warst ja eher nachmittags unterwegs, richtig? Abends war das ganze Spektakel mit einem trinkenden, feiernden Volk ein wirklicher Parcours, mit den Aufgaben: Vermeide dich am Mann mit dem etwas knappen Höschen zu reiben! 😉

MK: Es ging, so bis 22 Uhr war ich unterwegs. Es war entweder total leer in den Kneipen oder gut besucht, vor allem mit Junggesellenabschieden, sodass die Kunst total untergegangen ist und keiner etwas davon mitbekommen hat…Egal, kurz darauf gab es ja zunächst den Aufbau und dann den Brand der Feuerskulptur von Nina Hole. Wie hat dir das gefallen?

RD: Ich muss gestehen, dass ich den Brand verpasst habe! Ich hätte mir die Skulptur aber wesentlich größer vorgestellt! Leider war das, was ich beim Aufbau gesehen habe eher weniger beeindruckend.

MK: Stimmt, ich hatte sie mir auch größer vorgestellt. Aber die Story an sich fand ich sehr interessant. Der Bericht in der Lokalzeit Düsseldorf im WDR war auch sehr gut dazu. Sowieso finde ich, dass der WDR die Quadriennale gut ergänzt hat und vielleicht die Reichweite noch gesteigert hat. Hast du die Themenreihe Unterwelten gesehen? Die kam letzte Woche. Täglich wurde immer ein unterirdischer Ort in Düsseldorf vorgestellt. Wenn das nicht von der Ausstellung im K21 inspiriert worden war! Da sieht man mal, welchen Einfluss die Kunst haben kann 😉 Aber noch kurz zur Feuerskulptur: Ich fand es schade, dass das Museum so wenig für dieses Event getan hat. Hat man sich nur die Ausstellung im Hetjens-Museum angesehen, wurde man in keiner Weise darauf hingewiesen, dabei hätte das Museum darüber echt punkten können.

RD: Die WDR-Beiträge klingen sehr interessant, kann man sich das nachträglich im Internet ansehen? Ja, diese Wechselwirkung zwischen Stadt und Museen waren sicherlich ausdrücklich erwünscht und sehr forciert. Generell denke ich an die vielen Aktionen, um die Besucher miteinzubeziehen, die wohl auch gut angekommen sind, sodass insgesamt wohl rund 290.000 Besucher gezählt wurden. Ich denke da auch beispielsweise an den lila Wust des Urban Branding, der irgendwann aber genervt hat. Was die Wechselwirkung Hetjens-Museum – Rheinufer betrifft – denn die Feuerskulptur war ja ganz klar so ein Versuch Besucher in ein in Düsseldorf weniger beachtetes Museum zu locken – war, als ich das Museum besucht habe schon Infomaterial zu einer kombinierten Führung ausgelegt worden. Auch an der Skulptur meine ich gab es einen Hinweis.

MK: Hm, als ich mir die Ausstellung ein zweites Mal angesehen habe (und das war nach dem Brand der Feuerskulptur) hat man im Museum keine Hinweise ohne Vorwissen erhalten.
Zu den Beiträgen des WDRs: Ja, man kann sie in der dortigen Mediathek einsehen, aber nur für eine Woche, also die ersten Beiträge sind schon wieder draußen 😦
Lass uns kurz über das OpenSource-Festival reden. Wir waren ja beide nicht dort. Gab es einen bestimmten Grund für dich, nicht dorthin zu gehen?

RD: Ja, klar: der Preis! Ich wäre gerne dagewesen aber es war mit etwas über 43 Euro Eintritt einfach zu teuer!

MK: Ja, dem stimme ich zu. Ich war an dem Tag zwar auch verhindert, aber die Tickets waren zu teuer, es sei denn, man hat sie als Early-Bird gekauft ohne zu wissen, wer spielt und dafür war mir das Line-Up in den letzten Jahren zu unbeständig, als dass ich mich darauf eingelassen hätte.
Und zu der Performance-Nacht? Wie hat sie dir gefallen? An dem Wochenende war ich ja leider nicht in Düsseldorf.

RD: Ja, die Performance-Nacht gab es auch noch! Man merkt, dass Quadriennaleteam wollte wirklich alle etwas weitergefassten Sparten der Kunst abdecken. Gut so, eigentlich, aber wie ich schon in meiner Review geschrieben hatte: Manchmal etwas zu gewollt. Und wie war das Sky Event? Zu der Zeit war ich ja wiederum nicht in der Stadt.

MK: Hm, das war alles sehr schade. Ich hatte mich total auf die Aktion gefreut. Pienes Kunst und ZERO überhaupt schätze ich sehr und ich habe mir das Event so richtig beeindruckend vorgestellt. Leider wurde es ja bereits im Vorhinein durch Pienes Tod überschattet. So gerne hätte ich ihn noch persönlich über seine Kunst reden hören. Das war bestimmt für alle Beteiligten nicht einfach und sicher musste vieles noch umorganisiert werden. Nun gut, das Event hat trotzdem stattgefunden und das Interesse war enorm. Wie schade, dass dann so wenig dabei rumkam. So viele Besucher haben Stunden lang in der Langen Foundation gewartet und nichts passierte. Wer den langen Weg auf sich genommen hatte, ohne Karten für das Hauschka-Konzert zu haben, hat sich sicherlich geärgert. Ich hoffe doch, dass Hauschka wenigstens für die glücklichen Ticketbesitzer, einiges von dem Tag retten konnte.

RD: Neben der Ausstellung zu Piene, richtete die Quadriennale ja auch für Elaine Sturtevant eine der letzten Ausstellung zu deren Lebzeiten aus. Es ist doch insgesamt einiges passiert während der Laufzeit. Wie war es für dich, Marliesa, im Format eines Blogs für andere über dieses Festival zu berichten?

MK: Also generell habe ich unseren Blog als Experiment gesehen. Wir haben das zum ersten Mal gemacht und dafür finde ich, war unsere Arbeit in Ordnung. Ich muss aber auch gestehen, dass ich mich in meiner Kritik oft zurückgehalten habe. Es ist immer leicht von außerhalb etwas zu kritisieren, wenn man selbst nicht dafür verantwortlich ist. Für mich lag unsre Aufgabe auch darin, das Programm der Quadriennale bekannt zu machen und Leute zu einem Besuch zu motivieren. Klar, wir hätten in unserem Blog noch so viel mehr machen können. Leider ist zum Beispiel das Urban Gardening bei uns etwas zu kurz gekommen, aber wir haben es geschafft, den Blog über diese 18 Wochen am Laufen zu halten. Außerdem haben wir viel dadurch gelernt, welche Möglichkeiten, aber auch welche Schwierigkeiten ein solches Internetmedium mit sich bringt und davon können wir sicherlich auch noch in Zukunft profitieren.
Was unsere Leserschaft anbelangt: Auch wenn es Statistiken von WordPress gibt, wissen wir im Grunde ja nicht, wer am anderen Bildschirm sitzt. Ich wusste zwar in welchem Umfeld wir für unseren Blog geworben haben und über unsere Facebookseite erhielten wir ein paar wenige Informationen zu unseren Lesern, aber ich konnte mir trotzdem nur eine fiktive Leserschaft basteln. Daher war es mir wichtig, dass meine Texte verständlich sind und dass sich möglichst viele Menschen in meine Berichte hineindenken konnten und sich angesprochen fühlten.
Wie war das bei dir?

RD: Du sprichst da einen Punkt an, der mich auch selbst oft zum Nachdenken gebracht hat. Für mich persönlich war es vor allem wichtig, mich kritisch mit den kuratorischen Konzepten der Ausstellungen und Veranstaltungen auseinanderzusetzen und das dann verständlich und prägnant zu formulieren. Dieser Fokus war für mich vorrangig, weil ich glaube, dass dadurch neue Sichtweisen aufscheinen können, die schlussendlich selbst für die Verantwortlichen von Nutzen sein können. Erst durch eine fundierte Kritik eröffnen sich neue Möglichkeiten der Kunstbetrachtung, von der diese lebt.
Weil das natürlich immer von subjektiven bzw. streitbaren Eindrücken durchsetzt ist, über die es sich eben angeboten hätte zu diskutieren, hätte ich mir mehr Kommentare in unserem Blog oder auch in Facebook, das ja vielleicht dem ein oder anderen näher ist, gewünscht. Das hätte für mich einen noch größeren Lerneffekt erzielt. Aber auch so war das Schreiben für den Blog etwas definitiv Neues aber hoch Spannendes! Man hofft dann eben, dass sich ein möglichst breites Publikum angesprochen fühlt, denn mit unterschiedlichen Formaten haben wir versucht, für verschiedene Zielgruppen etwas Relevantes zu posten.

MK: Ja, das mit den Kommentaren kann ich gut nachvollziehen. Wären Kommentare gekommen, womit ich von Anfang an nicht gerechnet hatte, hätte man seine Texte sicherlich anders, eben auf die Kommentare eingehend, geschrieben. Was ich bei meinen Ausstellungsbesuchen auch immer im Hinterkopf hatte, war, wie sich Besucher im Museum zurechtfinden. Neben einer adäquaten wissenschaftlichen Präsentation der Werke ist das ja der Punkt, den Museen für sich immer wieder überprüfen sollten. Wenn man selbst täglich im Museum arbeitet erscheinen einem viele Dinge als selbstverständlich und es kann vorkommen, dass man vergisst, dass diese Sachen aber für einen neuen Besucher ganz und gar nicht selbstverständlich sind. Aber gerade dieser Besucher sollte sich ja in der Ausstellung wohl fühlen und gerne wiederkommen. Deswegen waren mir Anmerkungen zu diesen Themen in meinen Ausstellungsbesprechungen auch immer wichtig.

RD: Ja, die Perspektive mit der man auf die Ausstellungen blickt sollte mitbedacht werden – auch ein wichtiger Punkt für das Schreiben eines Blogs.
Und nun…Wehmut über das Ende? Oder Vorfreude auf die nächste Quadriennale in vier Jahren? Wie schon gesagt, wären mir für die nächste Auflage ein spezifischeres Thema und bitte eine andere Farbe als Lila für das Marketing ein Anliegen. Hast du irgendwelche Wünsche „über das Morgen hinaus“? 😉

MK: 😀 Ja, Wehmut und Vorfreude zugleich. Es ist gut, dass etwas endet, damit danach etwas Neues entstehen kann. Konkrete Wünsche habe ich nicht, aber die Hoffnung, dass die Stadt und viele Geldgeber auch an dieser Quadriennale gesehen haben, wie wichtig Kunst und Kultur für das Leben und für eine blühende Stadt sind.

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§ Eine Antwort auf Ein abschließendes Gespräch

  • Andrea Grimm sagt:

    Vielen Dank für die guten Tipps,wir haben uns den Plan ausgedruckt und uns einige Ausstellungen angesehen,da wir ohne Auto unterwegs waren ,war der Plan sehr hilfreich.Nach dem Bericht über die Unterwelten waren wir sehr neugierig und sind genauso begeistert wieder ans Tageslicht gekommen wie Sie.
    Schade,dass es jetzt vorbei ist.

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